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Analoge Fotografie: Drei Dinge die ich vorher gerne gewusst hätte

Hach ja, jetzt bin ich gut ein halbes Jahr intensiv mit analoger Fotografie beschäftigt, scanne inzwischen meine Filme selbst und habe aufgehört zu zählen, wie viele Filme ich bisher verschossen habe (meine letzte Zählung war bei 16 im Februar).
Während dieser Zeit habe ich mit einer Minolta, Leica, Canon, Pentax und auch Mittelformat auf Rolleiflex fotografiert und von diversen Kodak, Lomography, Cinestill, Fuji und anderen Filmen Erfahrung gesammelt.

Ich kann jetzt sicher sagen, Film zu fotografieren ist für mich eine Hassliebe auf vielen Ebenen und ich habe schon das ein oder andere in dieser zwar kurzen aber durchaus intensiven Zeit lernen können. Und darum soll es gehen, Dinge, die ich vorher gerne gewusst hätte, bevor ich mit analog angefangen habe.

Jeder Film sieht über- und unterbelichtet anders aus

Eine Sache, die ich wirklich gerne gewusst hätte, besonders als ich Filme zum ersten Mal ausprobiert habe ist, dass man sich nicht an die vorgeschriebene ISO halten muss. Ganz im Gegenteil, es lohnt sich zu experimentieren und einfach mal einen Film bewusst unter- bzw. überzubelichten. Hier in Beispiel mit einem Mono Kosmos zwei Stops überbelichtet:

Mono Kosmos 100 fotografiert mit einer Minolta xd7 zwei Stufen überbelichtet. Durch die weit geschlossene Blende ist das Bild überall scharf und die Überbelichtung macht es sehr hell und klar – wenig Schatten und Tiefenunschärfe.

Zum Über- oder Unterbelichten muss man die Einstellungen der Kamera beachten, die meisten analogen Kameras nach den 50ern lassen den Nutzer die ISO einstellen und haben einen Belichtungsmesser. Möchte man den Film Beispielsweise um zwei Stops überbelichten, halbiert man die ISO zweimal. Bei einer ISO von 800 bedeutet das, dass man ihn auf ISO 200 stellt. Bevor man das macht, lohnt es sich in jedem Fall den besagten Film über die Suchmaschine der Wahl zu suchen und sich unter Pulled oder Pushed, zu Deutsch Unter- oder Überbelichtet, anzuschauen, ob einen der Look in etwa zusagt.

Selber Film, selbe Kamera und selbes Objektiv aber diesmal Unterbelichtet: Durch die geschlossene Blende massive Unschärfe im Hintergrund, das Bild voller Schatten und Grautönen, fast schon weichgezeichnet – Ganz andere Stimmung.

Daher, wenn man einen Film zum ersten Mal ausprobiert, dann kann man die ersten zehn Bilder normal, die zweiten über- und die dritten unterbelichten. Am Ende hat man dadurch im Nachhinein einen direkten Vergleich und kann sicher sagen, welcher Look einem am meisten zusagt oder man den Film komplett raushaut.

Besonders praktisch beim Über- oder Unterbelichten sind auch Apps wie light Meter für das Handy, falls die Kamera noch keinen Lichtmesser eingebaut hat.

“die ersten 10.000 Aufnahmen sind die schlechtesten”… mach sie digital

Hinter diesem Zitat des weltbekannten Berliner Fotografen Helmut Newton steckt erheblich mehr als eine Abwandlung von “Übung macht den Meister“: Denn die Lernkurve als Fotograf bleibt, wenn man neugierig ist und bleibt stets stetig. Trotzdem haben wir heute einen riesen Vorteil den Newton nicht hatte: Wir können digital fotografieren und damit meine ich nicht mit dem Handy.

Eva, fotografiert mit einem Kodak Etkar 100, der Leica M4P auf 35 mm. s war unsere dritte Collab in drei Jahren: Dieses Mal wollte ich zum ersten Mal auch analog arbeiten.

Wer auf Speicherkarte statt Film fotografiert bekommt sofort Feedback, ob das Bild was geworden ist. Schließlich muss man nicht erstmal Wochen warten bis der Film fertig geschossen, entwickelt und wieder vor einem liegt. Gerade wenn man mit dem fotografieren anfängt, verschiedene Objektive kennenlernt und sich an das manuelle fotografieren noch herantastet, sind Digitalkameras so viel besser zum Lernen geeignet.

Besonders praktisch dabei ist, in jedem digitalen Foto ist auch festgehalten, unter welchen Einstellungen das Foto geschossen wurde. Ist ein Bild unterbelichtet oder unscharf kann man sich das “Warum” häufig herleiten, nachvollziehen und das nächste Mal besser machen. Bei analogen Fotos geht das nicht so einfach und immer Mal wieder wundert man sich: “habe ich nicht richtig fokussiert, lag es an der Belichtungszeit oder stimmt einfach irgendwas mit der Kamera nicht?”.

Als Tipp würde ich es auch ans Herz legen, beim digitalen Fotografieren die ISO im manuellen Modus einmal auf einen festen Film-Wert von z.B. 100, 400 oder 800 zu setzen. Denn damit entwickelt man ein Gefühl dafür, wie man mit Blende und Belichtungszeit bei einer festen ISO umgeht. Denn wenn man auf die analoge Fotografie wechselt ist die ISO plötzlich ein fester Wert, der sich nicht mehr nach Belieben anpassen lässt. Dafür im Vorfeld schon ein Gefühl zu entwickeln ist extrem praktisch. Und funktioniert auch, ich fotografiere inzwischen z.B. immer häufiger komplett ohne Belichtungsmesser.

Pfoten weg von den Negativen!
Jeder kleiner Kratzer, Staubkorn oder Fettspur ist zusätzliche Arbeit im Nachhinein in Photoshop und kostet massiv Nerven! Geschossen auf einen Metropolis Tokyo mit einer Leica R4 – 24 mm. Normaler Weißabgleich.

Ja ich weiß, natürlich sollte das ein wenig offensichtlich sein aber ich muss es noch einmal betonen. Jedes Mal, wenn man mit seinen Negativen interagiert riskiert man, dass man sie Beschädigt. Staub, Miniaturkratzer, Feuchtigkeit, Fette von den Fingern etc. hinterlassen Spuren und kann verhindert werden. Daher direkt, gleich von Anfang an, so vorsichtig und sauber mit den eigenen Negativen umgehen wie möglich.

So das waren sie, drei Dinge, die ich gerne gewusst hätte, bevor ich das erste Mal auf Film fotografiert habe. Wenn euch der Beitrag gefallen hat, dann hinterlasst mir doch einen Kommentar oder Input, was euch noch alles interessiert.
Wer Interesse hat zu erfahren, warum ich überhaupt mit dem analogen Fotografieren angefangen habe, der kann das hier lesen.

Bevor ich es vergesse, im Beitragsbild portraitiert ist das Model Paulina in der Münchner U-Bahn mit einem Porta800er auf der Leica M4P.

Viel Spaß beim Fotografieren und bis bald.

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