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Wofür du als Studio FotografIn eine Assistenz brauchst

Überblick:

Seit diesem Jahr haben sich meine fotografischen Herausforderungen mehr und mehr auf die Studiofotografie verlagert, oder besser gesagt, auf Porträts mit einem mobilen Studio.

Die meiste Zeit meiner beruflichen Laufbahn habe ich mit verfügbarem Licht gearbeitet. Die Arbeit in einer Studioumgebung anstelle der “realen Welt” ist also eine schöne Abwechslung und bietet mir neue Möglichkeiten und professionellen Input. Aber auch neue Herausforderungen.

Was ich unterschätzt habe, war die Veränderung in der Kommunikation und die Organisation, die nötig ist, wenn man zwischen Available Light und Studio unterscheidet. Und damit auch das Vergnügen, mit großartigen AssistentInnen arbeiten zu dürfen, die mir bei genau diesen Herausforderungen zur Hand gehen.

Aber gehen wir zuerst darauf ein, was Studiofotografie überhaupt ist, und dafür müssen wir zunächst in das Gegenstück zur Studiofotografie eintauchen: Verfügbares Licht oder available light.

Available light Fotografie im Vergleich zum Studio

Verfügbares Licht bedeutet für FotografInnen einfach, mit dem Licht zu arbeiten, das die Umgebung bietet. Dazu gehören alle natürlichen Lichtquellen wie Sonnenlicht, das durch Fenster oder direkt auf das Motiv scheint, aber auch künstliche Lichtquellen wie die Lichter eines Raumes, Laternen oder Autoscheinwerfer in der Nacht.

Die Arbeit mit vorhandenem Licht befreit FotografInnen von der Notwendigkeit, Blitzgeräte mit Softboxen oder Scheinwerfern mitzunehmen und aufzustellen. Gleichzeitig schränkt es sie in ihren Kompositionen ein, denn man muss dort arbeiten, wo das Licht ist, man kann es nicht kontrollieren. Das führt zu einem sehr flexiblen, weniger statischen und improvisierten Workflow.

Für mich gehört zur Available-Light-Fotografie zumindest eine gewisse Formung des Lichts, in dem Sinne, dass man die Verwendung von Reflektoren oder Diffusoren in Betracht ziehen sollte, um nicht völlig der Gnade von Apollo ausgeliefert zu sein. Aber einige PuristInnen mögen da anderer Meinung sein, aber Business Headshots mit dem harten Licht eines unbewölkten Sommertages funktionieren halt auch nicht. Im folgenden Beispiel habe ich einen Diffusor verwendet, um die Mittagssonne abzuschwächen.

Job für Paustian and Partners vergangenen Sommer 2022.

Und das ist im Grunde die intensivste Lichtformung, mit der die meisten Available-Light-FotografInnen in ihrem Handwerk zu tun haben. Die meisten von ihnen verwenden überhaupt keine Blitzgeräte und verlassen sich lieber auf Kameras mit Low-Light-Kompatibilität und Bearbeitungswerkzeugen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Und daran ist nichts auszusetzen. Ich kann der Meinung nur widersprechen, dass FotografInnen, die nicht in einem Studio gearbeitet haben, schlechtere FotografInnen sind als jene, die dies tun oder getan haben.

Denn mit jeder Sekunde, die man außerhalb des Studios verbringt, verfeinert man seine Fähigkeiten an anderer Stelle, und heutzutage sind FotografInnen keine Allrounder mehr, sondern eher SpezialistInnen für verschiedene Sets und Situationen.

Trotzdem lohnt es sich, zumindest in die Studiofotografie hineinzuschnuppern, denn während es bei der Available-Light-Fotografie in gewisser Weise darum geht, das Chaos zu bändigen, geht es bei der Studiofotografie darum, das perfekte Arrangement zu finden.

Was macht Headshots und Studio-Fotografie aus

Erstens benötigen Studioaufnahmen viel weniger Zeit für die eigentlichen Porträtaufnahmen, wenn man richtig vorbereitet ist. Denn wenn man sich nicht mehr um den Hintergrund, die technischen Einstellungen oder das Licht kümmern muss, kann man sich ganz auf das Motiv und die Bilder selbst konzentrieren.

Außerdem erhält man bei der Arbeit mit gut eingestellten Blitzen digitale Dateien von sehr hoher Qualität, was wiederum viel Raum für die Bearbeitung lässt. Allerdings bringt die Kontrolle über alle Aspekte des Lichts auch Verantwortung mit sich.

Denn wenn man das Gesicht nicht schmeichelhaft ausleuchtet, die falschen Einstellungen verwendet werden und ein schlecht belichtetes Porträt dabei herauskommt oder wenn man eines der vielen Werkzeuge vergisst, die für eine intensive Studiosession gebraucht werden (Stative, Ersatzbatterien, Softboxen, Empfänger usw.), dann hat man ein großes Problem.

Besonders weil, der Anspruch an Studio-Bilder ein höherer ist als an available light aufnahmen insofern, als dass der Look uniformer ist. Denn gerade im Business-Headshot Bereich, haben die meisten Menschen eine sehr genaue Vorstellung, wie die Bilder auszusehen haben und dieser Standard ist meistens hoch.

Das Risiko einer fehlenden Ausrüstung ist allerdings eher für FotografInnen relevant, die mit einem mobilen Studio arbeiten, wie ich es tue. Wenn man an einem fremden Ort arbeitet, anstatt in der Sicherheit einer eigenen kontrollierten Umgebung ein Heimspiel spielt, kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: Das Chaos. Ein ähnliches Chaos, das man bei der Available-Light-Fotografie erwarten würde, aber jetzt kann man nicht einfach zum nächsten Standort laufen, wo das Licht besser ist, oder sich in einem anderen Winkel positionieren, sondern man sitzt fest. Hierzu ein Beispiel aus meinem Berufsalltag.

Die meisten Available-Light-FotografInnen wissen unbewusst, wie das Licht in der Porträtfotografie wirkt und wo sie sich für ein schönes Porträt positionieren müssen. In diesem Fall habe ich ein Fenster hinter mir für das Gesicht und ein Licht im Hintergrund für die Umrisse meines Motivs.

Herausforderungen bei der Arbeit im mobilen Studio

Bei meinem letzten Studio Job habe ich vor Ort festgestellt, dass die Jalousien an den Fenstern nicht funktionierten (es war mittags an einem hellen Tag im sechsten Stock). Warum das suboptimal ist: Streulicht, das z. B. durch ein Fenster in den Raum fällt, ist genau das Gegenteil von dem, was “Kontrolle” über das Licht bedeutet.

Außerdem hatte der Raum keine Klimaanlage und lag auf der Sonnenseite, woran ich nicht gedacht hatte. Es stellte sich heraus, dass das Abfeuern von Blitzen für ein paar Stunden in einem größtenteils geschlossenen Raum eine große Hitze erzeugt, die das Set buchstäblich in eine Sauna verwandelt. Das heißt, sobald jemand den Raum betritt, sollte man besser innerhalb von ein paar Minuten die Aufnahmen machen, denn er wird anfangen zu schwitzen (während man selbst aussieht, als wäre man auf einer Expedition durch den Amazonas).

Mit solchen Situationen muss man vor Ort spontan umgehen und so gut wie möglich improvisieren.

Für mich persönlich bedeutet das, dass ich mir vor dem Job mindestens eine Stunde Zeit nehme, um mich vorzubereiten, und wenn möglich eine Stunde, um vor Ort alles so einzurichten, dass ich einen gewissen Spielraum habe, falls mir eine unerwartete Überraschung begegnet.

Das ist auch, und damit kommen wir endlich zum eigentlichen Thema dieses Blogbeitrags, der Punkt, an dem eine gute Assistenz einem das Leben so viel leichter macht.

Warum man eine Assistenz im Studio braucht

Jemanden an seiner Seite zu haben, der ein Auge auf die Organisation des Zeitplans hat, der die Personen vor der Kamera motiviert oder einfach nur den offenen Knopf an der Jacke entdeckt, ist mehr als nur eine helfende Hand: Es kann den Unterschied zwischen eines mittelmäßigen und eines großartigen Shootings ausmachen.

Denn egal, wie erfahren man ist, man wird Fehler machen und Dinge übersehen. Das ist ganz natürlich, denn je mehr Aufgaben man zu erledigen hat, desto weniger Aufmerksamkeit kann man den Details widmen.

Das gilt vor allem dann, wenn es Details gibt, denen man einfach nicht so viel Aufmerksamkeit schenkt, und an dieser Stelle empfehle ich, mit einer AssistentIn zu arbeiten, der/die ein anderes Geschlecht hat als man selbst (kritisches Thema, ich weiß). Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Frau ein viel besseres Verständnis für die Unsicherheiten und Details hat, die einer anderen Frau vor der Kamera Sorgen bereiten könnten.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Männer sich wohler fühlen, wenn eine Frau ihnen Ratschläge gibt, wie sie sich vor der Kamera präsentieren sollen. Aber das ist natürlich eine subjektive Angelegenheit.

Dinge, bei denen eine Assistenz helfen kann

Gehen wir auf ein paar Beispiele und Situationen ein, wo ein zusätzliches Paar Augen (und Hände) nützlich sind und die mit einem Assistenten/AssistentIn erheblich mehr Spaß machen. Ich gehe dabei nicht auf technische Aspekte ein, wie z. B. “Ausrüstung aufbauen“, “Objektive wechseln” oder “Reflektor halten“, weil das Themen sind, über die man einen eigenen Blogeintrag schreiben könnte.

Den Verlauf des Shootings im Auge behalten

Vor allem bei größeren Aufträgen ist es sinnvoll, eine Art Dokument oder Liste zu haben, um den Überblick zu behalten, wo man gerade steht. Das ist umso wichtiger, wenn man vor Ort arbeitet und an einem Nachmittag, sagen wir mal, 40 Personen porträtieren muss und alles eng getaktet ist.

AssistentInnen können den Überblick darüber behalten, welche Porträts bereits gemacht wurden, wie der Zeitplan steht und wer noch fehlt. Außerdem kann er oder sie sich auf den Weg machen, um eventuell fehlende Personen zu finden (was man als FotografIn nicht tun möchte, wenn man unter Zeitdruck steht).

Ein Auge für Details haben, die man sonst übersehen würde

Die Details zu kennen, die man bei einem Shooting wahrscheinlich übersieht oder neigt zu übersehen, ist extrem wichtig. Vor allem, wenn man dann noch jemanden hat, der auf diese Dinge achtet und dem man darauf im vorne herein aufmerksam machen kann.

Für mich könnte das sein, ob die Haare noch perfekt sitzen oder Falten in der Kleidung. Eine AssistentIn kann immer Details finden, die man später nicht herausschneiden muss oder die das Bild schlechter machen.

Für gute Stimmung sorgen und ProtagonistInnen auflockern

Das ist für mich die beste Assistentenqualität überhaupt. Ich schätze mich als positiver und kommunikativer Mensch ein, aber manchmal muss man sich während eines Jobs einfach voll und ganz auf das Handwerk konzentrieren und ist voll und ganz auf die Kamera und das Licht konzentriert… und das ist leider manchmal gar nicht mal so gut.

Man versetze sich in diese Lage: Du stehst nicht gerne vor der Kamera, du wurdest schon sieben Mal von grellem Licht geblitzt und der Raum ist ziemlich dunkel, sodass du buchstäblich Sterne siehst. Außerdem ist es warm, und du kennst die Person hinter der Kamera nicht. Kurz gesagt, du willst es einfach nur hinter dich bringen und gehen.

In solchen Situationen braucht man seine ganze soziale Kompetenz als FotografIn, denn die Person, die vor einem steht, mag vielleicht gar keine FotografInnen, weil sie in solchen Situationen nie ein schönes Bild von sich bekommen hat oder Fotos von sich im allgemeinen einfach nicht mag, seit dem Aufstehen keine Lust auf dieses Shooting gehabt hat.

Shooting für deep-c in München Frühling 2023.

Und genau hier kommt meiner Meinung nach die beste Art von AssistentInnen ins Spiel. Sozial sensiblen Profis, die Anspannung von Natur aus spüren und mit ihrer Anwesenheit eine beruhigende und lustige Situation schaffen können. Die eine gute Stimmung für die Porträts machen und FotografInnen Momente geben, in welchen sie sich ganz auf Ihr Handwerk zu konzentrieren können.

Wertvollen Input und Kritik geben

Der letzte Punkt hängt ein bisschen von einem selbst ab und davon, wie offen man für Kritik ist. In meinem Fall habe ich die Einstellung, ich kann jedes Mal etwas Neues lernen, wenn ich mit anderen Menschen an einem Projekt zusammenarbeite. Ob es nun kleinere Hinweise oder größere Augenöffner sind, es gibt immer Raum, sich zu verbessern.

Da ich meistens alleine arbeite, bekomme ich nicht viel Feedback, und meistens ist es Lob von meinen KundInnen, nachdem sie mich für ein Business- oder Eventshooting engagiert haben. Das ist schön und gut, aber wirklich wachsen tut man davon nicht.

Daher kann es sehr wertvoll sein, eine außenstehende Person zu haben und offen für deren Kritik/Inputs zu sein, auch oder gerade wenn sie einen anderen Hintergrund hat als man selbst. Ich denke nicht, dass Erfahrung von Fachbereich notwendig ist, um konstruktives Feedback zu geben. Schließlich sind die meisten Menschen, die mich für meine Aufnahmen bezahlen, auch nicht vom Fachbereich.

Das sind vorläufig alle Punkte, die ich an einer guten Assistenz schätze. Wenn du diesen Beitrag hilfreich fandest oder Kritik äußern möchtest, dann schreib mir gerne einen Kommentar.

Und falls du dich ernsthaft mit der Studiofotografie befassen möchtest, empfehle ich dir außerdem, sich mit dem manuellen Modus von Kameras zu befassen. Mehr darüber gibt es in meinen Blogeintrag: Einstieg in den manuellen Modus zu lesen.

Shooting mit dem Patentanwalt Ludwig Lindermayer und dem Münchner Portrait und Business Fotografen Steins Pictures.
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