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Aus einer Passion einen Job machen, Teil I Hardskills

Ausschnitte aus dem Portraitshooting mit dem Münchner Portraitfotograf Daniel Schubert im Auftrag der KünstlerIn Anna Stenger für Ihre Website und social media.

Überblick:

Von Selbstständigen hört man die Erfolgsgeschichten, Auszüge aus dem guten Leben; aus gutem Grund, denn häufig ist man heutzutage mehr und mehr eine Selbstinszenierung. Schließlich erlauben uns Social-Media-Kanäle, unsere möglichen FotografInnen/DesignerInnen bereits vor dem ersten Kontakt kennenzulernen. Dementsprechend macht es natürlich umso mehr Sinn, dass man sich als FreiberuflerIn kreativ und immer gut gelaunt nach außen präsentiert.

Ebenso wie InfluencerInnen posieren Kreativschaffende gerne mit Schmankerl Ihres Alltages, teurer Ausrüstung und spannenden Shootings. Selten bekommt man einen Einblick in die trockenen Seiten des Geschäfts, denn über Akquise, Vertragswesen oder Steuererklärung lassen sich keine guten Storys machen.

Ich bin da keinesfalls eine Ausnahme, denn jedes Mal, wenn ich FreundInnen treffe, höre ich “bei dir scheint es ja auch im Moment ziemlich gut zu laufen“, während ich seit zwei Monaten an diesem Blogeintrag sitze und meine monatliche Milchmädchen-Rechnung vor mich hin schiebe.

Portfolioaufnahmen des Fotograf Daniel Schubert aus München, Deutschland, geschossen digital und auf Film, aus seiner arbeit als Portraitfotograf, Reisefotograf und Peoplefotograf.
Zusammen mit dem Opernsänger Alexandros Tsilogiannis Dezember 2021, eines meiner angenehmsten Shootings, zu einer extrem schwierigen Zeit.

Meilensteine statt Ziellinie

Tatsache ist, hätte ich mich nicht entschlossen mich selbstständig im Bereich Fotografie zu machen hätte ich in den letzten drei Jahren erheblich mehr fotografiert: Denn anstatt Bilder zu schießen, habe ich meine Zeit in unzähligen Stunden in Webdesign, Rechtslehre, Vertragswesen, Wirtschaften und natürlich in die Theorie der Fotografie verballert.

Da mir in den letzten 36 Monaten “Passion zum Beruf machen” häufiger als einmal die Luft ausgegangen ist und mir das einige grauen Strähnen eingebracht hat, ist es ein guter Zeitpunkt für dieses Resümee, denn ich kann endlich Bilanz ziehen: War es das Ganze bis dato wert und würde ich es noch mal machen?

Damit einher geht auch ein ehrlicher Einblick, was wichtig ist, wenn man diesen Weg einschlagen möchte. Meiner Meinung nach sind das drei zentrale Säulen: Know-How bzw. Hard-Skills, Social-, bzw. Soft-Skills und das Mind-Set. Kriterien, die ich nicht nur in der Fotografie wichtig sind, sondern in vielen Bereichen der Kreativbranche, wenn man sich als Freiberufler etablieren möchte. Da es aus dem Ruder läuft alle dieser Kriterien in einem Blogpost unterzubringen, geht es in diesem ausschließlich um Hardskills/Know-How, aber was meine ich damit überhaupt?

Know-How oder das Fundament, auf dem du gründest

Im Schritt ein Hobby zum Beruf zu machen, reicht es leider nicht gut in dem zu sein, von dem man leben möchte. Da spielt es keine Rolle, wie toll man illustrieren, fotografieren oder coachen kann, ohne das Hintergrundwissen, um auf dem Markt zu überleben, schafft man den Sprung in die Selbstständigkeit nicht.

Ich kenne viele talentierte FotografInnen, die zwar das Talent besitzen und trotzdem beruflich keinen Erfolg hatten. Denn Talent ist leider kein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, den Erfolg von Freischaffenden in der Kreativbranche zu prognostizieren.

Die Branche zu kennen, ist Gold wert

Viele erfolgreiche FotografInnen sind quer in den Beruf eingestiegen und haben sich eben genau die Zielgruppe ausgesucht, mit der sie davor zusammengearbeitet haben und das aus gutem Grund: Sie kennen den Job, haben Kontakte und wissen, was ins Bild gehört.

In der Werkstatt beim Filmen für Wood be nice, musste ich mich erst schlaumachen, warum gerade die Formverleimung so ein komplizierter Vorgang ist und welche Arbeitsschritte besonders wichtig sind.

Beispiel sind ehemalige Schauspielende, die mit minimalen Fotografie-Kenntnissen bessere Fotos machen als manch andere KollegInnen mit Jahren Berufserfahrung, ähnliches lässt sich auch in dem Architektur-, Mode- oder Gastronomiebereich beobachten.

Sie kennen bereits die Handgriffe, wichtigen Motive, Momente, die spannend einzufangen sind: Um BalletttänzerInnen richtig in Szene zu setzen ist unabdingbar zumindest teilweise die Posen/Bewegungen zu kennen, welche besonders herausfordernd und schwierig sind. Allerdings kann jeder Job nützlich sein, den man zuvor gearbeitet hat, denn:

Berufserfahrung ist nie umsonst

Egal, ob es darum geht eine Deadline einzuhalten oder strukturiert zu arbeiten: Wer direkt vom Studium oder der Schule in die Selbstständigkeit einsteigt, ohne Arbeitserfahrung in einer Festeinstellung gesammelt zu haben, dem fehlen eventuell diese fundamentalen Gewohnheiten.

Hat man dann noch eine Stelle oder einen Arbeitgeber/Arbeitgeberin, die eine One-Man-/One-Woman-Show sind, kann man direkt aus erster Hand erleben, was die Selbstständigkeit ausmacht: Besser einschätzen, ob dieser Lebensstil einem überhaupt zusagt. Vorherige Berufserfahrungen kann auch eine nicht zu unterschätzende Vorteil mit nicht bringen: nützliche Bekanntschaften, KollegInnen und eventuelle zukünftige KundInnen.

Gute Kontakte und ein hilfreiches Netzwerk

Die richtigen Kontakte zu haben und auch auf diese zurückzugreifen, kann entscheidend sein, ob man die ersten drei Jahre als FreiberuflerIn übersteht. Beginnt man zum Beispiel eine Selbstständigkeit als FotografIn, kommen Unmengen zeitintensiver Aufgaben auf einen zu. Angefangen beim Gewerbe gründen, Verträge schreiben, die Internetseite aufbauen, Marketing, Steuererklärung und nebenbei noch das eigene Portfolio ausarbeiten – auf den Punkt gebracht, es sind eine Menge Sachen, um die man sich am Anfang kümmern muss. Hat man für diese Schritte Hilfe zur Hand, spart sich Geld und vor allem Nerven.

Aus der Hüfte geschossen: Produktbilder für Espressomaschinen, on location und im Lagerhaus auf einer Papierkonstruktion gehalten von Kartonagen, noch mal würde ich das so nicht machen.

In meinem Fall hab ich alles selbst gemacht, von der inzwischen dritten Internetseite bis hin zu den AGB’s und das hat viel, viel Zeit gekostet. Natürlich gab es auch einen Lerneffekt, der interessant war und einen breiteren Überblick über sämtliche Inhalte des Geschäfts verschafft hat.

Es wäre allerdings eine Beschönigung so zu tun, als ob es zeitweise nicht sehr frustrierend gewesen ist, sich z.B. tagelang damit herumzuärgern, warum das eigene Geschäft einfach nicht auf Google Maps erscheint! Oder sich über Wochen, mit der ersten Steuerklärung auseinander zu setzen und Agenturen über Agenturen teils Monate lang anzuschreiben, ohne dass ein Auftrag rausspringt.

Wenn man stattdessen Freunde oder Bekannte hat, die bei ein paar dieser Prozesse aushelfen können oder gar gleich mit PartnerIn ins Geschäft einsteigt, jemand der die eigenen Kenntnisse gut ergänzt, ist das eine massive Erleichterung.

Rücklagen und andere Sicherheiten

Unvorbereitet in die Selbstständigkeit zu starten ist ein Luxus, den sich nur wenige Menschen leisten können. Meistens eben solche, die Single, ein stabiles Sicherheitsnetz und Rücklagen haben… Oder schlicht keine Ahnung, was auf sie zukommt.

Muss man hingegen eine Familie versorgen, ein Eigenheim abbezahlen oder ist der “sole breadwinner” im Haushalt, dann riskiert man mit einem Einstieg in die Selbstständigkeit erheblich mehr und muss sehr präzise planen, denn es steht nicht nur die eigene Existenz auf dem Spiel.

Shooting in dem Tattoo-Studio Hola Papaya in München, 2020. Als Selbstständiger mit anderen Selbstständigen arbeiten zu dürfen, ist immer ein interessanter Austausch.

In meinem Falle hatte ich ein festes Standbein in der Gastronomie aus dem Studium mitgebracht. Das hat mich nicht nur finanziell, sondern auch nervlich gut durch zwei Jahre Aufbau des eigenen Gewerbes gebracht. Theoretisch hätte ich mir auch noch mehr Zeit nehmen können, allerdings wollte ich den Absprung aus der Festeinstellung und hin in die Freiberuflichkeit nicht noch ein weiteres Jahr vor mich hin schieben.

Und es folgte eine unsanfte Landung in wegfallende Aufträge, schwindende Rücklagen, Arbeitslosigkeit, Selbstständigen-Beratung, Zweifel und schlussendlich Akzeptanz, dass es jetzt halt so ist. Das war das Beste, was mir passieren konnte. Darauf hin folgten Anfragen, Aufträge, Gründerzuschuss, Künstlerversicherung, Investitionen, neue Herausforderungen und Erfolgserlebnisse.

Hätte ich das gemacht, wenn ich nicht meinen lottaleben Singlelebensstil zuvor gehabt hätte und die Möglichkeit, jederzeit zurück in den sicheren Hafen Gastronomie einkehren zu können? Wahrscheinlich ja, weil ich kein Mensch bin, der große Sicherheiten in seinem Berufsleben braucht oder sucht, aber darum geht es im nächsten Blogeintrag, um das Mindset, dass man als zukünftiger Selbstschaffender mitbringen sollte.

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Aufnahme aus dem Kaffeemaschinenverkaufs Betrieb Davide Constanza in München, geschoßen von dem Businessfotograf und Reportagefotograf Daniel Schubert aus Bayern.

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